Das sehr breit aufgestellte Co-Präsidium erläuterte aus verschiedenen Perspektiven, weshalb die Initiativen der falsche Weg sind. Es sprachen die Kampagnen-Leiter Anna Kreis und Manuel Strupler, VTL-Co-Präsident Daniel Vetterli, Landfrauenpräsidentin Regula Böhi-Zbinden, Regierungsrat Walter Schönholzer, Gewerbeverbandspräsident Hansjörg Brunner und Nationalrat Christian Lohr.
Ergänzung zu den nationalen Kampagnen
Anna Kreis, Stv. Geschäftsführerin des Verbands Thurgauer Landwirtschaft (VTL), erklärte, dass es bei der Kampagne «DeinEssen.ch» im Grundsatz um eine faire und regionale Lebensmittelproduktion geht. «Es ist uns wichtig, dass wir positive Signale senden. Wir setzen uns für eine nachhaltige und fundierte Entwicklung der Thurgauer Landwirtschaft ein.» Die Thurgauer Bauern seien willens, vorwärts zu gehen. «Wir sagen Ja zur Entwicklung, aber Nein zu dieser extremen Umsetzungsforderung», führte Kreis aus.
Die Thurgauer Bevölkerung lebe Seite an Seite mit der Landwirtschaft, wisse was die Bauernfamilien leisten und schätze die regionale Produktion. «Darum legen wir mit unserer Kampagne den Schwerpunkt auf die lokale und persönliche Ebene. Wir ergänzen die nationalen Kampagnen des SBV.»
Auch Biobetriebe hätten Probleme mit der Produktion
Der Anlass fand inmitten der Obstanlage von Biobauer Kurt Henauer in Kesswil statt. Er legte dar, welche Folgen die Annahme der Initiativen für seinen Betrieb hätten. Da sei zum Ersten einmal, dass auch Biobetriebe ohne die Hilfsstoffe die gewünschte Produktqualitäten nicht mehr erreichen könnten.
«In unseren Hochstamm-Anlagen hätten wir keine Möglichkeiten mehr, die Jungbäume zu stärken und vor Krankheiten wie Marsonia zu schützen. Langfristig sterben diese Bäume ab», sagte Henauer. Sein viehloser Betrieb könnte das Gras unter den Bäumen nicht mehr sinnvoll zugunsten eines anderen Betriebes nutzen, da niemand mehr Futter zukaufen dürfte. Ein verwilderter Obstgarten mit dürren Bäumen habe auch Konsequenzen für die Ökologie: die Insekten- und Vogelwelt würden verarmen.
«Ich sage nein zur Trinkwasserinitiative, weil sie grosse Produktionsmengen-Defizite zur Folge hätte. Diese würden durch weiterwachsende, sich einzig auf die gesetzlichen Umweltauflagen beschränkten Grossbetriebe sowie durch Importe gedeckt», sagte Henauer. Gegen die Pestizidverbotsinitiative engagiert er sich, «weil ein staatlich verordnetes Bio von der Bevölkerung nicht akzeptiert wird». Die Preise in der Schweiz würden massiv steigen, was einen Boom beim Einkaufstourismus zur Folge hätte. «Die Initiativen sind der falsche Weg. Aber sie haben in der Branche und der Politik gute Stossrichtungen ausgelöst», lautete das Fazit des Biobauers.
Betriebsspiegel Henauerhof
- Betriebsleiter: Kurt und Karin Henauer, Roman Henauer
- LN: 23 ha arrondiert
- Ackerbau: Weizen, Gerste, Dinkel, Raps, Hafer; total 9 ha
- Spezialkulturen: Kirschen, Tafeltrauben, Tafeläpfel und -birnen, Mostäpfel; total 10 ha
- Weitere Betriebszweige: Hochstammobstbau (150 Bäume), 500 m Hecken, Kompostierung von Grünsammelgut
Radikale Verbotsinitiativen gefährden Ernährungssicherheit
Regierungsrat Walter Schönholzer, Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements, hielt fest, dass die Initiativen nicht zu Ende gedacht seien. «Sauberes Trinkwasser und keine synthetischen Pestizide, das tönt gut. Bei einer Annahme der Initiativen ergäben sich für die Thurgauer Landwirtschaft aber überwiegend Nachteile.»
Schönholzer befürchtet, dass die Wertschöpfung der Thurgauer Gemüse- und Obstproduzenten stark sinken und der Zuckerrüben- und Rapsanbau gänzlich verschwinden könnten. Ein Wegfall der Zuckerrübenfabrik Frauenfeld hätte erhebliche volkswirtschaftliche Konsequenzen zur Folge. Andere Produktionszweige wie Legehennen, Mastschweine oder Pouletmast würden massiv unter dem Verbot des Futtermittelzukaufs leiden. Die Produktion würde sich massiv verteuern, warnte Schönholzer. Der Einkaufstourismus würde dadurch angeheizt.
«Die Schweiz hat sauberes Trinkwasser», stellte er klar. «Gerade im Kanton Thurgau ist die Landwirtschaft nicht untätig, was die verschiedenen Ressourcenprojekte wie AquaSan oder Pflopf zeigen.» Es werde schweizweit schon sehr viel zur weiteren Reduktion der Pflanzenschutzmittel geleistet, lautete Schönholzers Fazit. «Dazu braucht es keine radikalen Verbotsinitiativen, die das einheimische Schaffen und die Ernährungssicherheit gefährden sowie die Konsumenten zum Einkaufen ins Ausland treiben.» Es brauche keinen neuen zusätzlichen Kontrollapparat bis zur Überprüfung von Produktionsmethoden im Ausland. «Bitte ersparen Sie mir diesen Kontrollapparat und diesen administrativen Irrsinn und stimmen Sie zweimal Nein», schloss Schönholzer seine Rede.